Der Wirtschaft fehlt ein Kümmerer

Unternehmerkreis wünscht sich eine bessere Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.

Die Konjunkturlage ist gut, die Gewerbesteuer sprudelt – Wirtschaftsvertreter müssten also durchweg mit einem breiten Grinsen unterwegs sein. Zufrieden mit der Geschäftslage sind die Vertreter des Unternehmerkreises Kempen (UKK) in jedem Fall. Martin Alders, Jürgen Marinelo und Karin Drabben äußern im Gespräch mit der WZ aber auch große Sorgen – und zwar mit Blick auf die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Kempen.
„Kempen ist ohne Frage toll, aber eben nicht einzigartig“, sagt Martin Alders, der 2012 mit seinem Elektronikunternehmen aus Tönisvorst nach Kempen gezogen ist. Aus Sicht des UKK mangelt es in der Stadtverwaltung derzeit an Schwung, um für den langfristigen Erhalt des guten Standortes zu sorgen. „Unsere Mitglieder machen immer wieder die Erfahrung, im Rathaus kein Gehör zu finden“, so Alders.

Interessen der Unternehmen besser bündeln
So hake es weiterhin in der Zusammenarbeit mit dem Bereich Bauen und Planen. Firmen, die beispielsweise eine Vergrößerung des Betriebes planen, werde nicht allzu zügig geholfen. „Unterm Strich haben wir den Eindruck, dass in der Stadt Kempen ein Wirtschaftsförderer oder besser ein Wirtschaftskümmerer fehlt“, sagt Alders. Es gebe nicht wirklich eine Stelle im Rathaus, an der die Interessen der Unternehmen gebündelt und dann an die zuständigen Ämter verteilt würden. Der Bereich Wirtschaftsförderung im Dezernat des Bürgermeisters ist zwar dem Mitarbeiter Heinz Peter Teneyken zugeordnet. Die Erfahrung vieler Unternehmer sei aber, dass Teneyken insbesondere mit dem Bereich Liegenschaften „sehr ausgelastet“ sei.

Hotelansiedlung müsse höhere Priorität haben
Ein weiteres Problem sieht der UKK in der „unendlichen Debatte“ um eine Hotelansiedlung in Kempen. „Wenn wir Kunden aus dem Ausland hier haben, ist es schon schwer in Kempen eine adäquate Übernachtungsmöglichkeit zu finden“, sagt Martin Alders. jürgen Marinello ergänzt, dass UKK-Mitglieder ihre Gäste eher in Krefeld, Moers oder Neukirchen-Vluyn unterbringen. Mit diesem Thema werde der UKK häufig bei Politik und Verwaltung vorstellig. Auch bei der Investorensuche hätten Firmen schon unterstützt. „Und wir könnten sogar Kontingente für Buchungen unserer Mitgliedsunternehmen zusichern“, sagt Marinello. Die Stadt argumentiere stets damit, kein geeignetes Grundstück vorhalten zu können. Aus Sicht der Unternehmer muss das Thema mit einer höheren Priorität bearbeitet werden.
Weitere Themen, um die sich die Mittelständler sorgen, sind die Kinderbetreuung (Großtagespflege der Unternehmer ab August 2019), die Schullandschaft und der Wohnungsmarkt. „Für Arbeitnehmer ist es fast unmöglich, eine bezahlbare Wohnung in Kempen zu finden“, sagen Alders und Marinello unisono. Daher habe man seitens des UKK schon die Idee von Werkswohnungen ins Spiel gebracht. Daran würden die Selbstständigen gerne arbeiten. „Alles in allem hakt es aus unserer Sicht bei vielen wichtigen Standortfaktoren“, sagt Alders. Zum einen mit Blick darauf, Unternehmen in Kempen zu halten bzw. in die Thomasstadt zu locken. Zum anderen aber auch dahingehend, auf dem ohnehin völlig überhitzten Arbeitsmarkt noch geeignetes Personal zu finden.
Der UKK ist weiterhin dabei, sich Gehör für diese Themen zu verschaffen. Und das mit immer mehr Mitgliedern. „Wir liegen jetzt schon bei 50 Mitgliedsunternehmen“, sagt Marinello. Aus Sicht des Vorstands kein schlechtes Ergebnis, zumal sich der Verband erst Anfang 2017 offiziell gegründet hat. Jüngste Aufnahme sei der Großbetrieb Hefe van Haag gewesen, der Anfang September aus St. Tönis neben die Kempener Absatzzentrale (AZ) gezogen ist. „Vertreten sind vom Einzelunternehmer bis zu den Großen fast alle bei uns.“ Insgesamt stünden hinter diesen 50 Firmen weit mehr als 1000 Arbeitnehmer. Insofern spielten auch die Interessen der Angestellten in die Arbeit des UKK.